Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Jülich steht die grösste künstliche Sonne der Welt. Mit 149 Hochleistungsstrahlern wird gebündelt ein Vielfaches der Sonnenstrahlung erzeugt. Dies verhilft einer wetterunabhängigen Erzeugung von Solartreibstoff.
In dem dreistöckigen Synlight-Gebäude strahlen insgesamt 149 Xenon-Kurzbogenlampen. Wie viel das ist, sieht man im Vergleich mit einem grossen Kinosaal, wo die Leinwand nur durch eine einzelne Xenon-Kurzbogenlampe bestrahlt wird. Die Wissenschaftler können die Strahler auf eine Fläche von 20 mal 20 Zentimeter fokussieren. Die Strahlung der Lampen trifft somit mit einer Leistung von bis zu 350 Kilowatt dort auf, was die bis zu 10 000-fache Intensität der Solarstrahlung auf der Erde ausmacht. Im Fokus der Lampen entstehen Temperaturen bis zu 3000 Grad Celsius. Diese Temperaturen nutzen die Forscher, um Treibstoffe wie zum Beispiel Wasserstoff herzustellen.
Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft Wasserstoff verbrennt, ohne dabei Kohlendioxid abzugeben, weshalb er als Treibstoff der Zukunft gilt. Die Herstellung von Wasserstoff durch Aufspalten des weltweit verfügbaren Rohstoffs Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff bedarf einer grossen Menge Energie. Diese kann von der Sonne bereitgestellt werden. «Erneuerbare Energien bilden zukünftig das Rückgrat für die weltweite Energieversorgung», betont DLR-Vorstand Karsten Lemmer die Relevanz intensiver Forschungen zur alternativen Energiegewinnung. Solar erzeugte Kraft-, Treib- und Brennstoffe bieten grosse Potenziale für die Langzeitspeicherung, die Erzeugung chemischer Grundstoffe und die Reduzierung von CO2-Emissionen. «Synlight gibt unseren Forschungen auf diesem Gebiet Rückenwind», ist Lemmer überzeugt.
Schnellere Entwicklung unter Laborbedingungen Da die Sonne in Mitteleuropa selten und unregelmässig scheint, ist für die Entwicklung von Produktionsverfahren solarer Treibstoffe eine künstliche Sonne das Mittel der Wahl. Bei den Synlight-Versuchen können Schlechtwetterperioden und schwankende Strahlungswerte die Tests und ihre Auswertung nicht erschweren oder verzögern. Jülich bietet zudem mit seiner Infrastruktur, darunter auch dem Solarturm Jülich, und dem wissenschaftlichen Umfeld ideale Bedingungen für innovative Entwicklungen in der Solartechnik. Eine Verlagerung von Forschungsanlagen in sonnenreichere Regionen verspricht lediglich auf den ersten Blick günstigere Bedingungen, da auch dort die Sonne niemals mit derselben Intensität scheint. Aber genau das ist wichtig für schnelle Innovationszyklen: gleichbleibende Testbedingungen, die schnell und exakt reproduziert werden können.
Den Wissenschaftlern am DLR-Institut für Solarforschung ist die Herstellung von Wasserstoff mithilfe von Solarstrahlung bereits vor Jahren geglückt, allerdings im Labormassstab.
Damit solche Prozesse für die Industrie interessant werden, muss der Massstab deutlich vergrössert werden. Genau das ist das Ziel von Synlight. Im Fokus der Forschungsarbeiten steht die solare Treibstoffherstellung, doch die neue Anlage kann für eine Vielzahl weiterer Anwendungen eingesetzt werden. Da das Spektrum der UV-Strahlung dem der Sonne gleicht, können beispielsweise auch Alterungsprozesse von Materialien zeitlich gerafft dargestellt werden. Ein interessanter Aspekt sowohl für die Raumfahrt als auch für die Industrie.
«Synlight füllt eine Lücke in der Qualifizierung solarthermischer Komponenten und Prozesse», erklärt Dr. Kai Wieghardt, der den Aufbau der Anlage massgeblich betreut hat. «Die neue künstliche Sonne steht zwischen den Anlagen im Labormassstab, wie dem Hochleistungsstrahler im DLR in Köln und den grosstechnischen Anlagen wie dem Solarturm hier in Jülich.»
Für die Experimente stehen den Nutzern der Anlage drei Bestrahlungskammern zur Verfügung. Die notwendigen Lampen werden je nach Bedarf gebündelt oder flächig auf den Testaufbau ausgerichtet. Mit den drei Kammern können mehrere Experimente zeitgleich vorbereitet und die Anlage optimal ausgelastet werden.
Das DLR-Institut für Solarforschung errichtete die Forschungsanlage in den vergangenen zwei Jahren in einem vom Technologiezentrum Jülich erstellten Gebäude und mietete es langfristig zum Betrieb von Synlight an. Das Land Nordrheinwestfalen unterstützte das Projekt mit 2,4 Millionen Euro, rund 70 Prozent der Gesamtsumme von 3,5 Millionen Euro. Die Differenz von 1,1 Millionen Euro wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) erbracht.
Text: www.dlr.de, eco2friendly-Magazin Ausgabe 17
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